Sr. Hildegard Litzlhammers Arbeit im Kongo

Sr. Hildegard Litzlhammers Arbeit im Kongo

Seit meinem ersten Aufenthalt 2013 bin ich mit Sr. Hildegard, die schon 35 Jahre im Kongo wirkt, in Kontakt und Austausch. Sr. Hildegard ermöglicht mir, dass ich in ihrer Gemeinschaft in Kimbanseke aber auch in der Don-Bosco-Gemeinschaft im Cafe Mozart im Stadtzentrum wohnen kann. Ich erlebe die Wirksamkeit ihrer Arbeit, die ich ungemein schätze. In ihren Schulprojekten nimmt sie manchmal junge Leute auf, die ich unterstütze.

Dieses 30-minütiges Video vom Projektbesuch von Dr. Rudolf Greiner, Schärding, im Sommer 2019 in Kongo-Kinshasa bei Sr. Hildegards Projekten finde ich auch für Elikia-Interessierte sehenswert.

Das Video führt in die Hauptstadt Kinshasa und insbesondere in den Stadtteil Kimbanseke, in dem die Don-Bosco-Schwester Hildegard Litzlhammer eine große Schule aufgebaut hat. Eine abenteuerliche Reise zu einem Schulprojekt im Landesinneren zeigt weitere Aspekte der kongolesischen Lebensrealität.

Ich freue mich sehr über die Erlaubnis Dr. Greiners, dieses Video hier zeigen zu dürfen. Es ermöglicht Eindrücke und Einblicke auch über mein eigenes Unterwegs-Sein, die eine Beschreibung in Worten allein nicht geben könnte.

Projektbericht Ecole St. Hélène, Mama Fifi Bora und Mama Florence Ngunga – Verein CRPDM

Projektbericht Ecole St. Hélène, Mama Fifi Bora und Mama Florence Ngunga – Verein CRPDM

Ungewollt habe ich sechs Wochen keine weiteren Informationen über die Arbeit im Kongo geschickt. Der Grund dafür ist, dass ich nicht gesund zurückgekommen bin, sondern mit Malaria. Es ist das erste Mal, dass es mich „erwischt“ hatte, und ich wollte es nicht wahrhaben. Ich war dann vom 14. bis 24. März im Krankenhaus, und jetzt geht es mir wieder ziemlich gut. Ich kann sagen, dass die Corona-bedingte allgemeine Entschleunigung meinem eigenen Energielevel ganz gut entsprochen hat. So wurde mir die Erholung leichter gemacht.

Die Menschen im Kongo sind, so wie in praktisch allen Ländern Afrikas, und in allen Ländern weltweit mit schwachen Volkswirtschaften und wenig ausgeprägten Demokratien, von der Corona-Pandemie existentiell betroffen, im wörtlichen Sinn. Es geht bei allzu vielen um das nicht-Verhungern. Wer von der Hand in den Mund lebt, wer das, was unmittelbar durch Straßenverkauf und andere prekäre Beschäftigungen Erworbene, ebenso unmittelbar für Lebensmittel ausgibt, hungert und verliert längerfristig das Dach über dem Kopf, wenn diese Beschäftigungen auf Grund der Ausgangssperren verunmöglicht werden.

In der Folge ein kurzer Bericht über die Schule St. Hélène, über das Werk von Florence Ngunga, und über Fifi Bora, die sich um die fünf Kriegswaisen aus dem Osten des Kongo kümmert.

Ecole St. Hélène

Am 23. Februar hatte ich Besuch vom Direktor John Tshimanga und dem Koordinateur, bei uns würde man sagen Administrator der Schule, Denis Lelo. Ich war eigentlich entschlossen gewesen, der Schule keine weitere Unterstützung zu geben, nachdem sie Ende Dezember vom Kalender Projekt über 5000 Euro erhalten hatten. Ich meinte, wenn St. Hélène überhaupt nicht selbsterhaltungsfähig ist, dann muss die Schule eben geschlossen werden.

Die 5000 Euro waren im Wesentlichen für die bescheidenen Gehälter der Lehrerinnen und Lehrer und für die Renovierung der Schäden nach dem Erdrutsch im vergangenen November aufgegangen. Die entsprechenden Belege legten mir die beiden im Original vor.

Aber Denis und John standen schon wieder mit leeren Händen da, die Löhne der Lehrenden waren im Jänner und Februar noch ausständig. Sie erklärten mir glaubwürdig, dass St. Hélène nicht nur als Schule, sondern auch als eine Art soziales Zentrum in dieser besonders armen Gegend wichtig ist. Als Schulverantwortliche erfahren sie viel über die speziellen Nöte ihrer Schülerinnen und Schüler. Viele leben mit nur einem Elternteil, oder bei Großeltern, die so arm sind, dass sie die Kinder oft hungrig zur Schule gehen lassen müssen.

Da erinnerte ich mich an einen KBW Vortrag in Freistadt über das weltweite Projekt „Marys Meals“. https://www.marysmeals.at/

Wenn in St. Hélène alle Schulkinder täglich eine einfache warme Mahlzeit bekommen würden, würde dies die Schule enorm aufwerten, und die allergrößte Not der Kinder und Familien würde wirksam gelindert. Mit dieser Perspektive entschloss ich mich, ihnen 3000 Dollar für die Löhne der Lehrenden und andere dringende Ausgaben zu geben.

Wir vereinbarten, dass John und Denis einen Plan erstellen werden, wie und zu welchen Kosten sich so ein Basisprojekt verwirklichen ließe. Leider ist durch die Corona-Ausgangsbeschränkungen, die zur gleichen Zeit wie bei uns gestartet hatten, derzeit alles auf Eis gelegt.

Mama Fifi Bora

Mit meiner finanziellen Hilfe hatte Mama Fifi ein kleines Restaurant ganz in der Nähe ihrer Wohnung eröffnet. Genau als die Einrichtung und auch genügend Lebensmittelvorräte und die Lizenz zum Betreiben des Restaurants erworben waren, wurde das „confinement“, also die Ausgangssperre ausgerufen. Somit ist die wirtschaftliche Selbständigkeit schon wieder vorbei, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Das ist sehr frustrierend. Die drei Schwestern von Rosette und Sagesse, Dada, Furaha und Princess sind immer noch im Osten, weil ja auch die Reisemöglichkeiten gecancelt sind.

Mama Florence Ngunga – Verein CRPDM

Mama Florence war für mich immer einfach die Betreiberin der Crèche gewesen. Erst jetzt, als wir auf der Farm fünf Tage zusammen waren, erfuhr ich mehr über ihr langfristiges humanitäres Engagement für die Allerärmsten.

Schon 1996 hatte sie den Verein CRPDM (Cercle Pour la Récupération des Personnes Défavorisées et Marginalisées, = Vereinigung für die Wiederherstellung von benachteiligten und an den Rand gedrängten Personen) gegründet. Es ging und geht um die Hilfe für verstoßene und verlassene Kinder, für chronisch Kranke, Witwen, junge Mütter, Behinderte, Vergewaltigte.

CRPDM ist an insgesamt vier Orten aktiv. Der erste ist ihr eigenes Haus in Masina Pasquale, die Crèche. Am zweiten Ort, der Farm, hatte ich diesmal nachmittags Schulungen gehalten und vormittags bei der Erdnuss Ernte mitgearbeitet. 2004 hatte Florence ein Stück Land auf dem Plateau von Bateke ihrem Verein verliehen und dort die Farm aufgebaut. Einerseits bietet sie einigen Witwen sowie einer jungen Mutter mit zwei Kindern Unterkunft und Arbeit, in der Haupt-Erntezeit arbeiten dort auch Studenten, die sich ihr Studiengeld verdienen; andererseits finanziert sie mit dem Ertrag der Farm so gut es geht ihre weiteren Aktivitäten.

Leider ist Florence derzeit sehr krank. Nur wenige Tage nachdem sie das Krankenhaus, wo sie wegen Malaria behandelt worden war, verlassen hatte (ich hatte davon berichtet), musste sie wegen Lähmungserscheinungen an beiden Beinen wieder ins Krankenhaus. Nach einer MRT Untersuchung wurde ihr eine Operation an der Wirbelsäule nahegelegt. Dies wäre aber eine untragbare finanzielle Belastung. Derzeit wird sie mit Medikamenten, Physiotherapie und Reflexzonenmassage behandelt. Besserung stellt sich nur langsam ein. Das macht mir große Sorgen. Viele Projekte, die sie beispielsweise auf der Farm verwirklichen wollte, wie der Aufbau von Imkerei, ein eigener Stall samt Auslauf für die Hasenzucht und andere Investitionen, die den Ertrag steigern sollen, sowie die Erweiterung der äußerst bescheidenen Wohnmöglichkeiten für die ständig dort lebenden Personen, stehen still.

Die Kinder der Crèche, die bei ihr im Haus leben, sind traurig und eingeschüchtert. Sie wissen und fühlen, dass von Mama Florences Befinden ihre eigene Sicherheit abhängt.

Die Bilder im Anhang zeigen mich auf der Farm beim (symbolischen) Übernehmen der Dankes-Gaben am Kursende, bei der Erdnussernte in Gesellschaft des kleinen Merdi und seiner noch kleineren Schwester Dorcas, und beim Unterrichten.

 

Zu Besuch bei Fifi, Rosette und Sagesse

Zu Besuch bei Fifi, Rosette und Sagesse

Garde Malade

Am Freitag 28. 2., einen Tag vor dem Heimflug, lernte ich ein Vorzeige-Krankenhaus im Zentrum von Kinshasa, das mit kanadischer Hilfe errichtet worden war, von innen kennen. Mama Florence, die Leiterin der Crèche, mit der ich diesmal sehr viel zusammengearbeitet und Zeit verbracht hatte, war am frühen Morgen in das Privatkrankenhaus wegen Malaria eingeliefert worden. Florence ist Diabetikerin, und ein Malaria Anfall bringt sie in eine kritische Phase. Im Dezember war sie, ebenfalls nach einem Malaria-Anfall, in einem Vorort-Krankenhaus nicht gut auskuriert worden. Deshalb wählte man diesmal die wohl teure, aber spezialisierte Klinik.

Im Kongo kann man nicht allein in ein Krankenhaus gehen, man braucht eine „garde malade“, eine Krankenbegleiterin oder Betreuerin meist aus der eigenen Familie, welche sich um die Körperpflege und um das Essen und sonstigen persönlichen Bedarf kümmert. Das Krankenhaus stellt die medizinische Versorgung bereit, sonst nichts. Was macht jemand, wer niemanden hat? Diese meine Frage löst Achselzucken aus. So jemand hat Pech gehabt. Wer sollte ihn oder sie hinbringen? Wer die Rechnung bezahlen? „Irgendwen gibt es immer“. Oder man kommt halt erst gar nicht hinein. Und stirbt daheim oder auf der Straße.

Die Garde Malades schlafen auf einer mitgebrachten Matratze oder auf Bänken oder einfach auf dem Boden. Manche Krankenhäuser haben Küchen, ähnlich wie auf Campingplätzen, wo die Begleitpersonen für sich und die kranke Person was zubereiten können. Die weniger schicken Krankenhäuser in der Peripherie und auf dem Land sind von Straßenküchen umgeben, in denen das Essen gekauft werden kann.

Florence wurde von ihrer Tochter Dorcas begleitet. Ich kam später dazu und brachte Essen und Trinken und anderes dringend Benötigtes. Florence ging es nicht gut und Dorcas hätte sie nicht allein lassen können.

Wie gesagt, das Krankenhaus war in Bezug auf die medizinische Versorgung, Bausubstanz und Ausstattung tadellos. Florence lag in einem klimatisierten Einzelzimmer und das Personal wirkte kompetent und bemüht.

Für mich war Florences` plötzliche schwere Erkrankung ein Schock. Drei Tage vorher waren wir noch zusammen und hatten vieles besprochen, wir waren nicht fertig geworden und sie wollte vor meiner Abreise noch mal zu mir kommen.

Seit Sonntagabend ist Florence wieder daheim und noch rekonvaleszent. Den weiteren Austausch werden wir über WhatsApp machen, wenn sie dann wieder gesund ist!

Unterschenkel-Wunde bei Soeur Alphonsine

Die Wundversorgung bei Soeur Alphonsine ist ein voller Erfolg! Gottseidank! Mit der neuen Wundauflage, aber vor allem mit der Förderung der venösen Blutzirkulation mit Hilfe des Unterschenkel-Kompressionsverbandes hat sich der Zustand der Wunde stark verbessert. Sie verkleinert sich vom Rand her, wird flacher und ist ohne Geruch. Sr. Alphonsine fühlt sich insgesamt wohler, sie kann schmerzfrei gehen. Sie ist unglaublich froh und dankbar für diese spürbare Verbesserung und sie hat Hoffnung auf komplette Heilung.

Die drei Schwestern aus dem Osten des Kongo

Die nächste Geschichte hat im weiteren Sinn auch mit einer garde malade zutun.

Aber der Reihe nach.

Es geht um Rosettes und Sagesse´s Schwestern, die 17jährige Dada, die 15jährige Furaha und die 11jährige Princesse. Die fünf Geschwister waren nach der Ermordung der Eltern während des Krieges im Ost-Kongo 2012 getrennt worden. Dada, Furaha und Princesse waren nördlich von Goma in der Region Walikale gestrandet. Dort hatten sie auf Grund der Armut, aber vor allem wegen des unablässigen Rebellen-Terrors keine Gelegenheit zum Schulbesuch.

Als ich am Samstag 22. 2. von der Farm zurückkam – dort war ich ohne Telefon- und Internet-Verbindung – hatte ich erwartet, von der glücklichen Ankunft der drei Schwestern zu hören, was nicht der Fall war. Ich war beunruhigt und vermutete schon, das Geld für die Flüge sei anderweitig verwendet worden …  Auch Mama Fifi, die Pflegemutter von Rosette und Sagesse, hegte diese Befürchtung, wie sie mir später mitteilte.

Tatsächlich aber ist Dadas Gesundheitszustand sehr schlecht. Sie hatte Tag und Nacht geweint wegen Schmerzen im Bauch, erzählte mir Rosette. Ein Gynäkologe in Goma empfahl die Behandlung in der Klinik Panzi in Bukavu, die eine Tagesreise von Goma entfernt ist. In dieser Klinik werden Frauen, die durch sexualisierte Gewalt oft schwerste Verletzungen erlitten, kostenlos und umfassend behandelt. Doktor Denis Mukwege, der Gründer der Klinik, erhielt für seinen unermüdlichen Einsatz für das Bekanntmachen und für das Ächten von Vergewaltigung als Kriegswaffe 2018 den Friedensnobelpreis.

https://www.panzifoundation.org/dr-denis-mukwege/

Dadas Tante Baderha, welche die Schwestern aufgenommen hatte, begleitete Dada in die Klinik nach Bukavu und bleibt als garde malade bei ihr. Mama Baderha ist alleinerziehende Mutter von drei Kindern, dazu kommen jetzt die jüngeren Schwestern von Dada. Wenn sie in Bukavu ist, ist die Familie ohne Einkommen. Die tüchtige Mama Fifi hat erstmal finanziell ausgeholfen.

Rosette und Sagesse waren sehr traurig darüber, dass sie nun weiter auf ihre Schwestern warten müssen. Aber natürlich sehen sie ein, dass die Behandlung in Bukavu die beste Lösung ist.

Das Foto zeigt Mama Fifi, Rosette, Sagesse und mich.
Das Foto zeigt Mama Fifi, Rosette, Sagesse und mich

 

Bericht von der ersten Woche in Kinshasa

Bericht von der ersten Woche in Kinshasa

Wenn ich vor Ort ankomme, dann regnet es Fragen wie „Wie ist dein genaues Programm? Wann kommst du zu mir? Wann kann ich dich besuchen? Wirst du auch das und jenes machen, auch dort und dort hinreisen und wann genau?“

Ich muss dann immer sagen: „Ich weiß es noch nicht. Das kommt darauf an“. Und dann versuche ich irgendwie zu beginnen und eine Struktur zu finden.

  • Gleich begonnen habe ich mit dem Verbandwechsel und der Venenkompression bei Soeur Alphonsine, sie hat darauf sehnlichst gewartet. Sr. Alphonsine hat mit ihren offenen Beinen schon sehr viel mitgemacht. Sie war sogar monatelang zur Behandlung in Südafrika. Alles ohne wirklichen Erfolg. Inzwischen ist sie zurecht reserviert gegenüber allen neuen Methoden. Aber bis jetzt läuft alles erstaunlich gut, die Wunde hat sich schon etwas gebessert, sie verspürt keine Schmerzen, und die Venenkompression, auf die es mir hauptsächlich ankommt, verträgt und akzeptiert sie gut. Niemand hat bisher die Notwendigkeit der Venenkompression, von der ich überzeugt bin, erkannt. Es gibt außerdem die dafür benötigten Kurzzug-Bandagen nicht. Denn schon die vergangenen Male war mir ziemlich klar, dass sie genau das braucht, aber ich hatte nichts dabei. Und das gegenseitige Vertrauen musste sich erst entwickeln.
  • Den Kontakt zur Crêche und Mama Florence habe ich als nächstes gesucht. Sie hat mir über die persönlichen Schicksale einzelner Kinder und Jugendlichen erzählt, und mir gesagt, wo sie Hilfe braucht, um zu helfen.

Ich musste im Verlauf der Gespräche mit verschiedensten Menschen zur Kenntnis nehmen, dass hier im Kongo wenig Kenntnis existiert über die Bewältigung von Traumata. Es heißt gleich mal „Du musst verzeihen“. Das junge Mädchen, das vom eigenen Vater unter Drogen gesetzt und vergewaltigt wurde, soll ihrem Vater verzeihen. Das Kind, das, der Hexerei beschuldigt, von der eigenen Familie verletzt, regelrecht gefoltert und verstoßen wurde, soll verzeihen. Hier protestiere ich sehr energisch und lasse mich auf tiefe Gespräche ein.

  • Am späten Samstagnachmittag traf ich in der Schule in Kimbanseke viele der Frauen, die ich im Vorjahr geschult Sie kommen weiterhin jeden Samstagnachmittag zusammen, praktizieren das Gelernte und tauschen sich aus. Das Wiedersehen war überwältigend! Ich bin so stolz über die Tatkraft der Frauen, die sich mit der einfachen Methode der Reflexologie und Kinaesthetics selbst und innerhalb der Familie helfen. Erschütternd war aber doch die existentielle Armut, die sich zeigte. Einige nutzten meine Anwesenheit, um mir konkrete Fragen zur eigenen Gesundheit zu stellen. Wenn ich dann fragte, warum sie wegen eines Leidens, das durch Reflexologie nicht verschwindet, nicht fachärztliche Hilfe suchen, dann höre ich: „Eine Konsultation kostet zehn Dollar, und die habe ich nicht“. Unauffällig stecke ich den benötigten Betrag zu. Aber damit sind noch keine weiterführenden Kosten, zum Beispiel im Fall einer Operation, gedeckt.
Die Frauen von Kimbanseke
  • Am Sonntag besuchte ich Doktor Ulrich Bifutuka, der gerade auf Urlaub bei seiner Familie außerhalb von Kinshasa, in der Nähe des Flughafens, weilte. Er ist derjenige, für den ich die medizinischen Geräte suchte. Er erzählte mir über seinen Plan, in dieser dicht besiedelten Wohngegend ohne ärztliche Versorgung, auf lange Sicht eine Klinik aufzubauen. Er will mit einer Ordination beginnen und diese nach und nach erweitern mit einer Geburtenstation und einem Gesundheitszentrum, in dem Kranke auch stationär behandelt werden können. Seine Beispiele von Menschen, die starben, weil ärztliche Hilfe nicht erreichbar war, gingen mir ans Herz. Um seinen Plan umzusetzen, muss er zuerst seine Tätigkeit im staatlichen Gesundheitssystem, für das er seit Jahren unbezahlt arbeitet (siehe Bericht vom Juni 2019 auf www.elikia.at), beenden.

Dr. Ulrich hat eine fünfjährige Nichte, die mit deformierten Gliedmaßen zur Welt kam. Mir ihr arbeitete ich ein bisschen kinaesthetisch, zeigte der Mutter einige Übungen, und wenn es die Zeit erlaubt, werde ich nochmal kommen. Das geht aber nur sonntags, weil die Mutter die anderen sechs Tage der Woche arbeitet. Der Vater hat seine Frau verlassen wegen des behinderten Nachwuchses.

  • Am Montag besuchte ich gemeinsam mit Dr. Ulrich die Crêche in Masina Pasquale. Dr. Ulrich untersuchte und behandelte die kranken Kinder und er versprach, bei jedem seiner Kinshasa-Aufenthalte in die Crêche zu kommen. Mama Florence erspart sich dadurch Arzt-Kosten. Es war auch schön zu erleben, wie kenntnisreich und liebevoll Dr. Ulrich mit den kleinen Patientinnen und Patienten umgeht.
Dr. Ulrich hält Ordination in der Crèche.

Leider wurde ich an diesem Tag Zeugin eines Vorfalls, der mich zutiefst verstörte. Es geht um die elfjährige Milka, die auf meine Bitte hin im Waisenhaus der Don Bosco Schwestern, im Maison Mazzarello 2018 aufgenommen wurde. Milka hatte sich dort gut eingelebt und ihre Heimat gefunden. Leider hatte sie in der Woche davor einen Blödsinn gemacht, wie ihn Kinder machen, würde ich sagen. Sie hatte mit einem anderen Mädchen gezündelt, eine Matratze hatte Feuer gefangen. Die Schwestern dort beurteilten dies als ein so großes Vergehen und als eine Gefahr für die Sicherheit der anderen Kinder, sodass sie beide Kinder aus dem Maison Mazzarello rauswarfen. Ich war wie gesagt in der Crêche, als eine Schwester und eine Sozialarbeiterin Milka bei Mama Florence abgaben. Sie ließen nicht mit sich reden. Nun geht es darum, das retraumatisierte Mädchen zu stabilisieren und einen neuen Weg für es zu finden. Oh Gott, das beschäftigt mich wirklich sehr.

Milka
  • Am Dienstag besuchten mich Mama Fifi Bora mit Rosette und Sagesse, die Freude des Wiedersehens war groß. Sie alle warten noch auf die Ankunft der drei Schwestern aus dem Kriegsgebiet im Ost-Kongo. Deren Abreise verzögert sich immer noch wegen der fehlenden Papiere. Kommende Woche werden sie hoffentlich endlich in Kinshasa ankommen.

Zuerst habe ich die drei und den elternlosen Studenten Emmanuel, um den sich Fifi ebenfalls kümmert, in Reflexologie instruiert, mit der Option, dass sie damit nicht nur sich selbst, sondern auch den Geschwistern nach deren Ankunft in der gesundheitlichen Stabilisierung helfen können. Sie waren alle mit Eifer bei der Sache.

Dann wechselten wir das Thema, und ich gab ihnen Mandalas zum Ausmalen. Das Material inklusive der Farbstifte hatte ich mitgebracht. Während des Ausmalens war es still im Raum, man hörte nur den Ventilator rauschen. Vom Ergebnis waren alle erfreut. Es war schön und berührend, sich über dieses zweckfreie Tun auszutauschen. Sie fühlten, dass diese einfache Tätigkeit sie ruhig und im Moment von Sorgen frei gemacht hatte.

Die Übung war gelungen, und ich meine, ich habe damit einen Einstieg, wenn auch nur einen kleinen, in die Traumaarbeit gefunden. Auf diesem Weg möchte ich weiter machen. Blätter und Stifte zum Fortsetzen habe ich allen mitgegeben.

Besprechung der Mandalas
  • Am Mittwochnachmittag starte ich in Masina Pasquale eine vorerst dreiteilige Gesundheitsschulung, von Mama Florence organisiert.
  • Kommenden Montag ist geplant, mit Mama Florence zur Farm auf dem Plateau von Pateke ungefähr drei Stunden Reisezeit von Kinshasa entfernt, zu reisen. Mit dieser Farm finanziert Mama Florence ihre soziale Arbeit. Für die Frauen, die auf der Farm ihres Vereins arbeiten und für andere Landarbeiterinnen werde ich Gesundheitsschulungen halten. Die Herausforderung wird der fehlende Raum sein. Wir müssen uns in kleinen Gruppen wohl unter Bäumen treffen. Das tat ich immer in der trockenen Saison, aber jetzt ist Regenzeit.

Diese erste Woche ist mit kleinen Aktivitäten und vielen Begegnungen und Gesprächen vergangen. Ich denke, das alles hat seine Berechtigung und ich bin zufrieden.

Erdrutsche, weggeschwemmte Häuser und Quartiere, abgerissene Straßen und Überflutungen in Kinshasa

Erdrutsche, weggeschwemmte Häuser und Quartiere, abgerissene Straßen und Überflutungen in Kinshasa

Im vergangenen November und Dezember 2019 erreichten mich zahlreiche Meldungen über Hangabbrüche und schwere Überschwemmungen, ausgelöst durch sintflutartige Regenfälle. Die Region von Kinshasa mit dem Kongo Fluss liegt Großteils auf sandigem Untergrund. Erosion ist hier ein ständiges Problem. Stadtteile, die auf Hängen liegen, sind besonders gefährdet, bei solchen Naturkatastrophen wegzurutschen. Die Erdrutsche forderten viele Tote. Viele Menschen konnten ihr Leben retten, verloren aber ihr Zuhause und ihre Habseligkeiten. Hilfe von offizieller Seite existiert nicht. Die Kommunen treffen auch keine Vorkehrungen, um die Hänge zu befestigen, weil die Mittel fehlen. Kanalisation existiert nur ungenügend oder in den ganz armen Vierteln überhaupt nicht. Also kann das Wasser häufig nicht abfließen und der Wasserstand steigt. Diese Auswirkungen des Klimawandels – als solche werden die Wetterkapriolen beschrieben – treffen überwiegend die Armen, die bereits in geologisch gefährdeten Gebieten leben.

Leider ist auch die Schule St. Hélène von Erosion betroffen. Durch einen Hangabbruch auf dem Schulgelände stürzte eine Mauer ein, ein Teil des Schulgebäudes und die Latrine sind schwer beschädigt. Der Vermieter will die Sanierung der Schäden nicht übernehmen.

Personen, die ich persönlich unterstütze, wie Mama Fifi Bora, welche zwei Kriegswaisen aufgenommen hatte, oder der Student Emmanuel Landu, mussten so schnell wie möglich ihr Zuhause verlassen. Für eine Unterkunft verlangen die Vermieter eine Kaution von bis zu zehn Monatsmieten. Und wenn viele Menschen ein neues Zuhause in einer sichereren Wohngegend suchen, dann steigen die Preise.

Schaden in der Schule St. Hélène
Schaden in der Schule St. Hélène

Emmanuel Landus Wohnumgebung
Emmanuel Landus Wohnumgebung

 

Bericht aus dem Kongo Teil 2

Bericht aus dem Kongo Teil 2

Liebe Elikia-Freundinnen und Freunde!

Auch die zweiten zwei Wochen vom 14. bis zum 28. Juni 2019, dem Tag der Abreise, waren ausgefüllt mit vielen verschiedenen Aktivitäten und spannenden und berührenden Begegnungen.

Reise in die Provinz Bandundu

Vier Tage war ich mit Patrick Kasasi, einem weiteren Freund und Mitarbeiter der ersten Stunde, unterwegs, um die Krankenhäuser in Mutombo und Tshakala Mbewua zu besuchen. Dort war ich schon im Vorjahr und hatte guten Kontakt zu Doktor Ulrich Bifukuta, der jetzt das Krankenhaus in Mutombo leitet, und zu Blandine Kuzwela, der administrativen Leiterin des Krankenhauses in Tshakala Mbewua, gefunden. Diesmal hielt ich eine äußerst gut besuchte Schulung in Mutombo (über vierzig Frauen und Mädchen teilweise mit ihren kleinen Kindern, und viele weitere „Zaungäste“, die rundherum standen und versuchten so viel wie möglich mitzubekommen). Doktor Ulrich war wieder als engagierter Erklärer und Dolmetscher dabei. Das Interesse, noch mehr zu lernen, war sehr groß. So bot ich an, dass am nächsten Tag zehn besonders interessierte Personen zu einer intensiven Schulung kommen können. Das funktionierte gut, und diese zehn wollen mit den anderen in kleinen Gruppen weiterarbeiten.

Wir nahmen uns auch Zeit zum persönlichen Austausch mit Blandine und Ulrich. Die beiden sind ziemlich desillusioniert. Sie sind von Staat unbezahlt, obwohl sie eine staatliche Stelle im Gesundheitssystem besetzen. Auch die Krankenschwestern und Pfleger arbeiten seit Jahren oder auch Jahrzehnten unbezahlt. Das Personal kann sich nur das unter sich aufteilen, was die Patientinnen und Patienten bezahlen. Da sie niemanden abweisen wollen, weitet sich der Mangel eben zum Personal hin aus.

Ob man irgendwann endlich registriert und damit bezahlt wird, ist eine ungewisse Sache. Das kann wie gesagt Jahre oder auch Jahrzehnte dauern, oder nie sein.

Nun verstand ich auch den Streik des medizinischen Personals besser. Es ist nicht „der Gesundheitsminister“, der die Löhne unterschlagen hat. Da es keine Regierung gibt, gibt es auch keinen verantwortlichen Minister. Der Sumpf der Korruption ist viel zu tief und undurchdringlich, um einen/eine Schuldige in diesem System finden zu können.

Jedenfalls wurde der Streik ausgelöst, weil nun auch diejenigen, die eigentlich auf einer Gehaltsliste stehen, auch kein Gehalt mehr bekommen hatten. Das hatte dann alle auf die Straße gebracht.

Crêche

Ich traf mich mehrmals mit Mama Florence, der Leiterin der „Crêche“ im Stadtteil Masina Pasqual. Sie betreibt einerseits einen Kindergarten, eben eine Krippe – Crêche, und nimmt auch verlassene Kinder, Kinder, die niemand will, bei sich in ihrem Haus auf. Und sie kümmert sich um vergewaltigte Mädchen und um „fillesmères“. Zum Beispiel wohnen jetzt unter anderem der siebenmonatige Cyprian mit seiner Mutter bei ihr. 16-jährig, wurde sie von drei „Kuluna“ vergewaltigt, die Frucht davon ist Cyprian. Die Eltern verstießen ihre schwangere Tochter, Mama Florence nahm sie auf. Was mich bei dieser Frau besonders beeindruckt, ist ihre liebevolle und mütterliche Haltung den Kindern und Mädchen gegenüber. Sie „verwaltet“ nicht ein Sozialprojekt, sondern ist mit ganzem Herzen bei den Menschen.

So wie auch Bunkete in Bandundu Ville, betreibt Mama Florence eine Farm auf dem Hochland von Pateke. Sie möchte auf ihrer Farm, auf der knapp dreißig Leute arbeiten, weitere drei Hektar Boden urbar machen und bepflanzen und mit der Ernte ihre soziale Arbeit finanzieren.

Wir haben vereinbart, dass ich bei meinem nächsten Besuch im Kongo wieder eine Gesundheitsschulung in ihrem Stadtteil und für ihre Zielgruppe mache, so wie auch schon 2016.

Gesundheitsschulung in Kimbanseke

Eine solche Schulung für Mädchen und Frauen habe ich diesmal im Stadtteil Kimbanseke, der noch weiter außerhalb liegt und ähnlich arm wie Masina Pasqual ist, gehalten. Eine Lehrerin der Schule, die von der Don Bosco Schwester Hildegard Litzlhammer mit Hilfe einer Großspende gebaut wurde, hatte Mütter von Schulkindern angesprochen. Diese waren in großer Zahl zur dreiteiligen Schulung gekommen und hatten großes Interesse gezeigt. Was mich besonders freut: Sie wollen ein „Centre de formation sanitaire“ gründen. Dies ist deshalb realistisch, weil sie sich in der Schule an Samstagnachmittagen in einem Klassenzimmer treffen können. Eine Krankenschwester, die an der Schulung teilgenommen hat, zeigt sich äußerst engagiert und will die Frauen inhaltlich gemeinsam mit meiner Mitarbeiterin Solange weiter begleiten. Die Schule hat neben dem Primär- und Sekundärzweig auch einen professionellen Zweig. Der ist für die Zielgruppe von größeren Mädchen, die nie eine Schule besucht haben, gedacht. Sie werden alphabetisiert, aber gleichzeitig erwerben sie Kompetenzen, die ihnen einen Lebensunterhalt ermöglichen sollen. In diese Schiene könnte das Gesundheitsschulungs-Zentrum gut hineinpassen. Ich hatte heute, 28. 6. kurz vor der Fahrt zum Flughafen noch zwei Frauen zum Leiter dieses Schulzweiges begleitet. Die Frauen hatten die Sache selbst als ihr eigenes Anliegen vorgetragen.

Ecole St. Hélène

Über die Schwierigkeiten der Ecole St. Hélène habe ich schon im ersten Bericht erzählt.

Mit den Leitern dieser Schule, dem Coordinateur Denis Lelo und dem Direktor Jean Leandre hatte ich mich nochmal getroffen, um über die Weiterführung der Schule nachzudenken. Das Schulgebäude ist in einem desolaten Zustand. Soll und kann der Unterricht an diesem Ort weitergeführt werden? Gibt es Alternativen? Um das alles gut zu überlegen, habe ich die beiden mit Dan Mitewo, einem Informatiker und insgesamt klugen und ideenreichen Menschen zusammengebracht. Er soll eine Außenperspektive einbringen und helfen, eine gute und realistische Lösung zu finden.

Schulung in Beaumarche

Aus organisatorischen Gründen konnte ich diese Schulung nicht selbst zu Ende bringen, das wird Solange übernehmen.

Zwei persönliche Geschichten

1. Wiedersehen mit Rosette

Rosette, damals dreizehn Jahre alt, war 2013 gemeinsam mit ihrer Tante, Mama Linda und deren vier Kindern, vom Osten des Kongo nach Kinshasa geflüchtet. Rebellen hatten den Mann Lindas sowie Rosettes Eltern getötet. Ich hatte die kleine Gruppe Geflüchteter, zu der auch noch eine andere Witwe, Mama Dorcas mit ihren Kindern gehörte, krank und in unzumutbarer Wohnsituation in der Nähe eines staatlichen Altenheimes gefunden. Ich hatte ihnen geholfen, eine Wohnung zu finden, aber später waren Linda und Dorcas mit meiner Hilfe wieder in den Osten zurückgekehrt, sie hatten in Kinshasa nicht Fuß fassen können. Die beiden Witwen und auch Rosette hatte ich dann aus den Augen verloren.

Zwei Wochen vor meiner Ankunft in Kinshasa war Rosette hier angekommen und konnte bei der ehemaligen Vermieterin Unterschlupf finden. Dazwischen liegt eine lange Geschichte, in der es Rosette gelang, ihren jüngeren Bruder ausfindig zu machen. Er war durch die Wirren der Flucht nach Kinshasa gekommen. Man hatte ihn für tot gehalten, aber Nachbarn hatten ihn damals gerettet. Durch den Kontakt zu einer befreundeten Ordensschwester erfuhr ich von Rosette. Das Wiedersehen war berührend. Es ging nun darum, eine Lebensgrundlage für Rosette und ihren Bruder zu schaffen und einen Bildungsabschluss für Rosette zu organisieren.

2. Mama Adel ist wieder mit ihren fünf Kindern vereint

Mama Adel traf ich bettelnd mit ihrer jüngsten Tochter Fatou, vier Jahre alt, am Boulevard in Kinshasa. Es war der vorige Sonntagabend, ich war zu spät vom Taxi ausgestiegen und musste ein gutes Stück zurück zu Fuß zu meinem Zimmer beim Café Mozart gehen. Normalerweise gebe ich in so einem Fall eine Spende, nicht zu klein, um kein allzu schlechtes Gewissen zu haben. In diesem Fall fühlte ich, dass das nicht passte. Ich setzte mich zu den beiden und versuchte herauszufinden was los war. Mama Adel spricht nur Lingala, also sprach ich Vorübergehende an, mir zu helfen und zu übersetzen. Mama Adel ist Mutter von fünf Kindern zwischen vierzehn und vier Jahren. Der Mann hatte die Familie vor wenigen Monaten verlassen und sich auch die Garantie für die Wohnung auszahlen lassen und mitgenommen. Die Familie wurde auf die Straße gesetzt. Mama Adele verteilte die älteren vier Kindern bei anderen Familien und sie und die Jüngste leben seither auf der Straße.

Wieder muss ich abkürzen. Mama Adel hat in kürzester Zeit in Kimbanseke eine kleine Wohnung gefunden, diese liegt in der Nähe der Schule von Schwester Hildegard Litzlhammer. Dort kann sie ihre Kinder auch ohne Schulgebühren einschulen. Eventuell kann Schwester Hildegard ihr eine Arbeit geben. Ich sorgte noch für das Anschaffen der wichtigsten Einrichtungsgegenstände. Eine Angestellte von Schwester Hildegard wird mich bezüglich der weiteren Entwicklung auf dem Laufenden halten.

Zu guter Letzt meine Gesundheit

Diesmal ging es mir gesundheitlich nicht gut.

In der Trockenzeit ist die Luft unglaublich staubig, rußig sowieso immer, besonders in den Städten. Vermutlich habe ich durch den Staub Darmparasiten eingeatmet, welche meinem Verdauungstrakt fortgesetzt zusetzen. Von der Bandundu-Reise habe ich eine Bronchitis und Schnupfen mitgenommen. An der Innenseite des rechten Knöchels habe ich mir bei einem schadhaften Motorrad-Auspuff eine Brandwunde zugezogen. Und ich bin in ein schlecht abgedecktes Kanalloch gefallen und habe mir Knie, Ellbogen und Knöchel abgeschürft und geprellt.

Aber ich bin auf der Heimreise, und ich freue mich auf daheim!

PS: Diesen Bericht habe ich beim Zwischenstopp in Addis Abeba am Freitag 28. Juni abends geschrieben. Heute Sonntag 30. Juni bessere ich die Fehler aus und runde ich ab.

Abrundung

Zur Abrundung gehört vielleicht auch eine Klarstellung bezüglich der Finanzierung der Reise mit allen Aktivitäten.

Wie schon bei der Vereinspräsentation und bei anderen Anlässen gesagt, finanziere ich selbstverständlich alle meine persönlichen Reisekosten selbst (Flug, Visum, Aufenthalt, Reisen im Land). Ich übernehme selbstverständlich auch die gesamten Reisekosten der Personen, die mit mir arbeiten und mich begleiten. Die Unterstützung von Rosette und Mama Adele, und einigen anderen Personen, die ich nicht angeführt habe, betrachte ich als meine persönliche Hilfeleistung, die natürlich auf meine Kosten geht.

Nur die Unterstützung jener Projekte, die als Projekte von Elikia schon im Vorfeld festgelegt wurden, wie die Schule St. Hélène, Bunkete, Crêche, gehen auf das Konto von Elikia.

Viele herzliche Grüße
Hermine Moser, Obfrau

PPS: Kuluna sind sehr gewaltbereite junge Leute in den armen Stadtvierteln. Sie schüchtern ihre Opfer mit Macheten ein, töten und verletzen. Gestern noch zeigte mir ein Bekannter eine Narbe von einer Verletzung am Ellbogen, die ihm Kuluna zugefügt hatten. Eine Freundin erzählte mir von einem Überfall von Kuluna auf eine Gruppe von circa hundert Menschen, die in der Karwoche am Gründonnerstag auf einen Berg gewandert waren, um zu beten. Kuluna bedrohten sie mit Macheten und nahmen ihnen alles Geld und Mobiltelefone ab. Sie selbst war auch betroffen.

Die Kuluna sind natürlich auch und vor allem ein soziales Phänomen. Immer wieder startet der Staat gewalttätige Säuberungs-Aktionen gegen die Kuluna und tötet sie an Ort und Stelle. Das hilft nur kurz. Andere kommen nach, weil sich an der grundsätzlich hoffnungslosen Situation so vieler Menschen nichts ändert.

Inferioritätskomplex

Monsieur Martin, ein Hauptverantwortlicher der in Bandundu Ville aktiven NGO Bunkete, mit der ich hier zusammenarbeite, ist ein guter Gesprächspartner für heikle Themen wie Fragen des Umgangs miteinander, in dem Bitte und Danke kaum Platz haben, oder auch über den weit verbreiteten Inferioritätskomplex, den er selbst ansprach.

Es ist so wie überall auf der Welt. Die Menschen, welche sich selbst wenig wertschätzen können, treten oft arrogant auf. Sie suchen und finden Situationen, in denen sie meinen, Eindruck schinden zu können. Dies betrifft natürlich nicht nur Männer.

Ich selbst erlebe meistens viel Respekt. Vor allem die Frauen, die „Mamas“, schätzen meinen offenen Zugang und meine Bereitschaft zu Begegnung auf Augenhöhe. Manchmal befinde ich mich aber in einer Situation, in der ich mich schlecht oder abschätzig behandelt fühle. Es sind meistens Männer, welche meinen, sie hätten nun eine gute Gelegenheit, einer Weißen zu zeigen, wer hier das Sagen hätte. Endlich findet sich eine Mundele (Weiße), die nicht im Jeep mit Chauffeur herumfährt und dadurch unerreichbar ist, sondern die man einfach ansprechen kann, weil sie sich wie alle anderen auf der Straße bewegt. Ich bleibe in so einer Lage geduldig und denke mir: Okay, nun kriege ich etwas von den vielen Demütigungen, welche die Menschen hier erdulden mussten und immer noch müssen, ab. Kein Problem, das kann ich gut tragen. Und dann löst sich die Situation auch wieder auf.

Lingala, eine Sprache im Imperativ

„Donne-moi café“, donne-moi dies und jenes. Das klang für mich oft wie ein brüskes „gib her“ oder „her damit“.

Als bei der Schulung in Bandundu Ville immer wieder Personen auftauchten, die sich einfach dazu setzten, ohne Erklärung, warum sie erst zum zweiten oder dritten Termin kommen, oder warum sie stark zu spät kommen, sprach ich dieses Verhalten an. Ich fragte nach, wie sie dazu kämen, überhaupt teilzunehmen, wer sie zur Schulung eingeladen hätte, und warum sie sich nicht präsentierten und von selbst erstens den Grund ihres späten Einstiegs erklärten und mich zweitens um Erlaubnis fragten, ob eine Teilnahme überhaupt möglich sei. Dies rief Verwunderung und Betretenheit bei den Betroffenen hervor, und auch Unverständnis, wie mir schien.

Schließlich erklärte eine Teilnehmerin seufzend: „Ja, das ist unsere Sprache. In Lingala gibt es kein Danke und Bitte“. Auch eine Frageform nach dem Motto: „Ist es möglich, dass“, oder „Kann ich“, oder „Können Sie, kannst du“ ist unüblich.

Wenn man was will, gibt es als Mitteilungs- und Ausdrucksform nur den Imperativ. Entsprechend prägt dies das Verhalten der Menschen und den Umgang miteinander.

Französisch und Lingala sind im Kongo die Verkehrssprachen, sie werden von fast allen mehr oder weniger gut beherrscht wird. Im Französischen gibt es selbstverständlich s´il vous plait, und merci, und die Möglichkeit sich höflich auszudrücken. Aber diese Tatsache wird gedanklich nicht auf Lingala übertragen, sondern im Gegenteil. Der Imperativ schlägt auch im Französischen durch.

Mir viel auf, dass gerade die jungen Männer mit einigem Zorn auf meine Aufforderung, sich höflich zu erklären, reagierten. Sie vertrugen es am wenigstens, in Frage gestellt zu werden. Dies ist kein Wunder in einer Kultur, welche Frauen ganz selbstverständlich als den Männern untergeordnet betrachtet.